Der Kampf um Liebe
Wenn ich zurückblicke auf die Beziehung zu mir und meinem Körper, habe ich die längste Zeit meines Lebens versucht, meinen eigenen Körper zu missbrauchen. Das sind harte Worte und es war nie meine bewusste Absicht, aber genau so ist es, wenn ich es mal ehrlich auf den Punkt bringe.
Ich wollte, dass er mir gehorcht und so aussieht, wie ich glaube, dass ich mehr Liebe von anderen bekomme. Ich habe ihn ausgehungert, vollgestopft, mich erbrochen, mich zu Leistungen angetrieben und wollte mit den Resultaten andere Menschen dazu manipulieren, mich zu mögen und schön zu finden. Ich wollte ihre Aufmerksamkeit, Liebe und Energie erhalten. Alles was ich für meinen Körper getan habe, tat ich meist nicht aus Liebe zu ihm, sondern nur, um ihn so zu haben, wie ich ihn haben wollte, damit ich geliebt werde. Das waren meine mir verborgenen Absichten. Ich war mir als junges Mädchen und junge Frau nicht bewusst, was ich da tat und warum ich mir das antue. Und funktioniert hat es auch nicht.
Mein Körper ist der Spiegel meiner Seele und mein Körper ist ehrlich.
In meinem Körper hat sich die Wahrheit meines schmerzlichen Glaubens gespiegelt, die ich vor meinem Bewusstsein verbergen wollte:
„So wie ich bin, bin nicht gut genug und ich bin es nicht wert geliebt zu werden.“
Aber genau das wollte ich nicht sehen oder wahrhaben. Ich habe gegen meinen tiefen Glauben und gegen meinen Körper gekämpft.
Ich wollte mich selbst belügen und meinen Körper schön basteln. Ich wollte vor der Welt verbergen, dass ich mich selbst für nicht liebenswert halte und gleichzeitig von ihr geliebt werden.
Wir Menschen sind Meister der Selbsttäuschung und so habe ich meinen Körper benutzt und meine Wahrnehmungen, die Zeichen und Gefühle betäubt, um die Täuschung aufrecht zu erhalten. Mit Essen, mit ständiger Ablenkung, mit Konsum, mit Arbeit, mit fernsehen, früher auch mal mit Alkohol, feiern und Zigaretten und was uns sonst noch so in unserer Betäubungsgesellschaft legal zur Verfügung steht. Ich habe meinem Körper geschadet, um nicht spüren zu müssen, dass ich mich selbst für nicht liebenswert halte.
Je mehr ich mich von den Betäubungsmitteln verabschiedet habe, desto mehr zeigten sich diese unangenehmen Wahrheiten, die in Wirklichkeit Lügen sind, an die ich glaubte und die ich für wahr hielt. Und wenn ich es glaube, ist es wahr, auch wenn es eine Lüge oder ein Irrtum sein kann.
Und erst wenn ich den Mut habe mich diesen„falschen“ Wahrheiten endlich zu stellen, sie zu sehen und zu spüren, kann ich sie hinterfragen und verändern. Das ist immer der Wendepunkt und das Ende der Täuschung.
Ich hatte zu jeder Zeit die perfekten Menschen an meiner Seite, bei denen ich mit meinen angelernten Strategien mit allen Mitteln um Liebe kämpfen konnte, denn das war ich gewohnt. Heute weiß ich, dass dieser Kampf zu jeder Zeit vergebens war. Ich bin sehr dankbar, dass ich es damals nicht wusste, denn ich wollte (unbewusst) um Liebe kämpfen. Hätte ich nicht mehr kämpfen können, hätte ich mich dem Schmerz stellen müssen, nicht liebenswert zu sein und dafür war ich noch nicht bereit.
Die Muster, Mauern und Betäubungen waren wichtig und haben für Stabilität und fürs Überleben gesorgt. Heute geht es um mehr, als ums Überleben. Ich möchte leben. Und ich möchte lieben. Und dank meiner Offenheit für Neues, meinem Mut und meiner Ehrlichkeit zu mir selbst, dank meiner spirituellen Anbindung und Intuition, dank der Hilfe von Freunden, die ihre spirituellen Gaben leben und mich damit unterstützen, finde ich jeden Tag mehr heraus, wie das tatsächlich für mich möglich ist.
Wir haben fast alle ein gewisses Bild erhalten, wie ein Mensch zu sein und auszusehen hat, der es wert ist geliebt zu werden. Und diesem eifern viele unbemerkt nach, sperren sich dabei selbst ein und schaden sich und ihrem Körper. Ich leider auch immer wieder, bis heute. Dass alle meine Taten im Leben, ob bewusst oder unbewusst, ob zu mir selbst, oder zu anderen, stets zu mir zurück kommen und ich bis heute meinen Preis dafür zahle, ist mir nun schmerzlich bewusst.
Es ist mein Weg mich daraus zu befreien. Mich und meinen Körper so zu lieben wie er ist, ihn als kostbare Leihgabe anzuerkennen, eine tiefe Freundschaft und Verbindung zu ihm zu pflegen, ihm zuzuhören und ihm aus Liebe Gutes zu tun, ihn zu nähren und ihn nicht (unbemerkt) dafür benutzen zu wollen, Liebe und Aufmerksamkeit von anderen zu bekommen.
Nur weil ich mich selbst in diesem Punkt durchschaut habe, habe ich es noch nicht gemeistert. Aber viele wichtige Schritte auf dem Weg bin ich schon gegangen.
Letztendlich zählt nicht das Tempo, sondern die Richtung.