Heimkehr
In meine innere Welt kann niemand wirklich hinein und ich kann nicht wirklich hinaus. Ich kann es versuchen, aber mein lebenslanger Versuch endete in einem energetischen Chaos. Und nur ich selbst kann dieses Chaos in mir wieder ordnen. Beim Aufräumen habe ich noch mal tiefer in mich geschaut und etwas entdeckt, das mir irgendwie bekannt war, aber auf gewissen Ebenen noch verborgen lag – weitere unbewusste Prozesse, die mich beeinflussten, mit fatalen und weitreichenden Folgen. Davon möchte ich erzählen.
Schon früh richtete ich meinen Blick nach außen, weil meine innere Welt so schmerzvoll war. Die Welt der anderen schien heller und bunter, während es in mir dunkel und einsam war. Ich wollte dorthin, wo es besser schien. Doch dieser Versuch, im Leben anderer meinen Platz zu finden, entfernte mich immer weiter von mir selbst. Und gleichzeitig auch unbemerkt von den anderen und sie sich von mir, obwohl ich ja eigentlich genau das Gegenteil wollte. Aber wie ich es mit mir tue, geschieht es in der physischen Welt. Spiegel.
Meistens, wenn ich mit Menschen in Beziehung trat, geschah ziemlich schnell die unbewusste Suche nach meinem Platz im Leben eines anderen. Und ich verlor weiter die Verbindung zu mir. Egal, wo oder mit wem ich zusammen war, ich fühlte mich nie wirklich angekommen. Meine Gedanken suchten nach Wegen ein Zuhause für mich zu finden, doch ich fand mich nicht und auch keinen inneren Frieden. Rastlosigkeit begleitete mich ständig. Kennst du dieses Gefühl, sich selbst verloren zu haben? Sich selbst nicht zu wollen und im Spiegel zu sehen, nicht gewollt zu sein?
Wie sollte ich meinen Platz in der Welt finden, wenn ich mich selbst verlassen hatte? Die materielle Welt spiegelt stets meine innere Welt wider. Solange ich also meinen inneren Raum aus Angst vor der Dunkelheit in mir nicht einnehmen will, finde ich auch im Außen keinen sicheren Ort, und irre verloren, haltlos, einsam und leer im Dunkeln herum. Die Katze, die sich laut Sprichwort in den Schwanz beißt. Ich flüchtete aus Angst vor der Dunkelheit vor mir selbst ins vermeintliche Licht, lande aber…genau in meiner Dunkelheit. Was für ein Hohn, könnte man meinen. Ich habe immer wieder vergessen und nicht vertraut, dass ich selbst das Licht bin, nachdem ich suche und niemals das Licht eines anderen bewohnen kann.
Ich suchte aus Angst (und irgendwann wurde es zur Gewohnheit) Erfüllung in der Welt anderer, etwa bei meinem Partner, weil ich es bei mir selbst nicht aushielt. Doch in seinem Zentrum gibt es nur Platz für ihn selbst. Trotzdem wollte ich dort sein, mich in sein Zentrum drängen. Diese unbewusste Absicht führte dazu, dass ich mit meinen Gedanken, Worten und Taten bewusst, wie unbewusst, die meiste Zeit damit beschäftigt war, meinen Platz in seiner Welt zu finden und dort zu bleiben. Anstatt dass ich meinen Fokus auf mich, meine Welt und die Bedürfnisse in mir richte, die nur ich mir erfüllen kann. Ich wollte mich lieber um andere kümmern, dabei brauchte ich mich, die sich um mich kümmert. Doch das war ich mir nicht wert. Meinen Fokus wollte ich lieber auf den anderen behalten und vernachlässigte damit mich selbst.
Der Platz im Zentrum meines Partners gehört mir nicht, und deshalb fühlte ich mich immer wieder zurückgewiesen. Zu Recht, wie ich heute weiß. Mein unbewusstes Verhalten schaffte in einer Freund- und Partnerschaft Ungleichgewicht, Unfreiheit und Unfrieden.
Weil ich meinen eigenen Platz verlassen hatte, begleitete mich die Angst, verlassen zu werden. Spiegel. Weil ich mich selbst vernachlässigt habe, fühlte ich mich von anderen vernachlässigt. Spiegel.
Wer sich selbst verlässt, sucht an Orten, die ihm nicht gehören, und fürchtet dann, sie wieder zu verlieren. Ein Gefangener der (Verlust)Angst. Die Folgen sind schwerwiegend. Diese Selbstaufgabe führte bei mir zu massivem Stress, immer mehr Rückzug und Einsamkeit, körperlichen und seelischen Schmerzen bis hin zum beginnenden körperlichen Verfall. Es wurde irgendwann zu einer Sucht und sich daraus zu erlösen ist ein harter Entzug.
Mir war lange nicht bewusst, was ich tat. Es war so subtil, denn ich gaukelte mir vor, unabhängig und stark zu sein. Mein kranker Körper zeigte mir die Wahrheit und ich machte mich auf die lange Suche nach der Ursache. Durch die Erkenntnis kam Licht ins Dunkel, und das brachte mir Erleichterung, ein Gefühl von Freiheit und bereits erste Genesung. Veränderung und ganzheitliche Heilung sind nun möglich.
Alles beginnt mit einer Entscheidung. Und meine neue Entscheidung ist, meinen Wert in jeder Sekunde bedingungslos anzuerkennen und mich zu ehren. Meinen Wert nicht mehr zu verleugnen, auch wenn ich das Gegenteil fühle und wahrnehme. Es ist nicht wahr. Diese klare und entschlossene Entscheidung öffnete mir die Augen. Ich sah die Zusammenhänge des ganzen Übels und wusste nun was zu tun ist.
Ich weiß jetzt, dass ich meinen Raum in mir zurückgewinnen muss. Dort ist mein Zuhause, und nur von dort aus kann ich authentisch mit der Welt in Verbindung treten. Doch dieser Platz ist nicht mehr frei, denn alte Muster halten ihn besetzt. Sie sind lebendig und haben Angst, diesen Raum zu verlassen. Sie wehren sich und ich spüre ihre Schmerzen, ihre Ängste und ihren Widerstand. Ich bin stärker als sie, aber es fühlt sich nicht immer so an.
Um nach Hause zu kommen, muss ich mich diesen Ängsten stellen. Mir treu beistehen in dunklen einsamen Nächten, in denen mich diese Ängste, Schmerzen und Emotionen heimsuchen. Wenn ich mich dann erinnere wer ich bin und wo mein Platz ist, werden sie verschwinden, sich auflösen, und ihre Energie wird sich mit meiner hellen wahren Energie verbinden und sie werden zu Licht. Es ist meine Aufgabe, meinen Platz mehr und mehr zurückzuerobern und ihn nicht mehr zu verlassen.
Den Mustern und Ängsten zu entsagen ist buchstäblich ein Entzug und es fühlt sich auch so an.
Ich will es! Ich will es für mich tun. Weil ich es wert bin und meinen Platz verdient habe. Nicht vorrangig, damit die Beziehung zu anderen Menschen funktioniert. Mein Hauptanliegen ist es, zu mir selbst zu stehen. Ich sage JA zu mir und nehme den Weg in Kauf. Die ersten große Schritte und Hürden habe ich bereits geschafft.